Aktuell 31.05.1998
Prinzessin Gabriele: Für den Aga Khan trat sie zum Islam über

Von CARSTEN LEPTHIEN, CLAUDIA CIESLARCZYK,
ANGELA PETERSEN, RENÉ WEIHRAUCH

Aga Khan und seine Braut Gabriele
Andächtig lauschen der Aga Khan und seine Braut Gabriele dem Standesbeamten Patrice Marchand aus dem Örtchen Gouvieux. Sie trägt ein traumhaftes Brautkleid, eine Maßanfertigung des französischen Designers Christian Lacroix

Samstag um 12.15 Uhr unterschrieb sie auf der Heiratsurkunde zum erstenmal mit ihrem neuen Namen - aus Prinzessin Gabriele zu Leiningen (35) war die Ehefrau eines Mannes geworden, der von 15 Millionen Ismaeliten verehrt wird. Der neue Name der deutschen Prinzessin lautet Inaara Aga Khan.

Aga Khan (61), der Mann, der sie zur Frau nahm, ist geistiger Führer der Ismaeliten, wird als direkter Nachfolger des Propheten Mohammed verehrt.

Die Hochzeit des Jahres fand bei strahlendem Sonnenschein, blauem Himmel und 25 Grad in aller Heimlichkeit auf dem französischen Stammsitz des Aga Khan in Aiglemont bei Paris statt. Es waren nur insgesamt sechzig Gäste geladen: sämtliche Familienmitglieder des Khan, die Mutter und deren Ehemann, der Bruder und die Großmutter der Braut sowie zwanzig Führer der Ismaeli-Gemeinschaft. Die Begum Sultan Mohammed Shah Aga Khan (92), Witwe von Aga Khan III., war bei der Familienfeier am Freitag abend dabei.

Es gab am Hochzeitstag gleich zwei Zeremonien: Die religiöse Trauung nach muslimischem Ritus wurde zwischen zehn und elf Uhr vom Rektor und Groß-Mufti der Pariser Moschee vollzogen. Der Bürgermeister des nächstgrößeren Ortes Gouvieux führte danach die standesamtliche Trauung durch.

Gabriele zu Leiningen, nach erbittertem familiärem Erbstreit erst im März von Karl-Emich Fürst zu Leiningen geschieden, trug bei der religiösen Feier einen golddurchwirkten indischen Sari, später ein beige-gold-farbenes Kostüm des französischen Designers Christian Lacroix. Der Aga Khan, für den es nach der Scheidung von Prinzessin Salima 1995 ebenfalls die zweite Hochzeit war, trat mit dunkelblauem Anzug und gleichfarbiger Krawatte vor den Bürgermeister.

Die neue Begum (ein Ehrentitel aus dem arabischen) und der Khan kamen sich auf bürgerlichem Parkett näher: Sie arbeitet seit Jahresbeginn als Beraterin für Frauenfragen und Gleichberechtigung in Drittländern bei der UNESCO in Paris. Bei einem Entwicklungshilfe-Meeting unterhielt sie sich längere Zeit mit dem Milliardär. Sie kannten sich zwar schon von früher, aber diesmal, so die Prinzessin zur BamS, "hat es schnell gefunkt".

Vor wenigen Wochen trat die studierte Juristin (promovierte mit "magna cum laude" in Internationalem Recht) zum Islam über - Schwierigkeiten hat sie damit nicht: "Der Islam ist eine sehr moderne Religion, er unterstützt auch die Gleichberechtigung der Frau. Fundamentalisten sind nur eine kleine Randgruppe." Und, ganz besonders wichtig, lächelt sie: "Schließlich darf mein Mann ja auch nicht mehrere Frauen haben. Damit hätte ich schon Probleme gehabt . . ."

Familienfoto
Familienfoto nach der Trauung (von links): Großmutter und Stiefvater der Braut, die frischgebackene Begum, Aga Khan IV., Brautmutter Renate, Brautbruder Joachim und Töchterchen Theresa (6), Tochter der neuen Begum aus der Ehe mit Karl-Emich Fürst zu Leiningen. Unten: die Führer der Ismaelitischen Gemeinden mit dem Brautpaar

Nach der Zeremonie bat das frischvermählte Paar seine Gäste um 13 Uhr zum Büfett, das unter Sonnensegeln am Swimmingpool aufgebaut war. Die Speisen waren den sommerlichen Temperaturen angepaßt - Langusten, Hummerschwänze und leichte Fischspezialitäten aus Südfrankreich. Als Dessert rollten Bedienstete eine zweistöckige Hochzeitstorte zum Büfett. Das Backwerk war mit den Großbuchstaben "I" und "K" kunstvoll verziert. Das große I steht für ihren neuen Vornamen Inaara (kommt aus dem Arabischen und bedeutet Licht). Das K symbolisiert Karim, den Vornamen ihres Mannes.

Wenn sie von ihm spricht, strahlt die Braut voller Stolz: "Er ist eine sehr starke, ernsthafte Persönlichkeit und außerdem der warmherzigste Mensch, den ich kenne."

Mit der Hochzeit ist Aga Khan (er hat eine Tochter und zwei Söhne) zum viertenmal Vater geworden: Die sechsjährige Prinzessin Theresa aus erster Ehe der Braut versteht sich prima mit ihrem neuen Papi. Auch sie lebt künftig auf dem Anwesen in Aiglemont - und in der Schweiz:

"Theresa mag Karim sehr. Sie freut sich darüber, jetzt zwei Väter zu haben."

Der aufregendste Tag im neuen Leben der deutschen Prinzessin ging am Samstag mit einer Überraschung zu Ende: Abends brach das Paar zur Hochzeitsreise auf. Das Ziel blieb bis zum Schluß das gutgehütete Geheimnis des Bräutigams . . .

Der Schwiegermutter gehörte der Wienerwald

Die Mutter der neuen Begum, Renate Thyssen-Henne (59), millionenschwere Unternehmerin und eine der Stützen der Münchner Society, ist bereits zum fünftenmal verheiratet: seit 1987 mit dem Mercedes-Händler Ernst-Theodor Henne.

Bekannt wurde die blonde Frau vor allem durch ihren legendären "Hendl-Coup": 1986 kaufte Renate Thyssen-Henne für 20 Millionen die Restaurantkette "Wienerwald", die sie drei Jahre später wieder abstieß - mit einem satten Plus von 40 Millionen Mark.

Renate Thyssen-Henne
Renate Thyssen-Henne mit Ehemann , Ernst Theodor Henne

Dabei fing alles gar nicht so glänzend an. Die spätere Millionärin wuchs als Renate Kerkhoff in einer Drei-Zimmer-Wohnung in Bottrop auf. Mit 18 heiratete sie zum erstenmal, die Ehe hielt ganze drei Monate. Vier Jahre später der geschäftliche Durchbruch: Die von ihr erfundenen Erfrischungstücher Seifrisch wurden zum Verkaufsschlager. Mit 22 zog Renate in ihre erste Villa, heiratete ihren zweiten Mann: den Essener Unternehmersohn Helmut Homey. Von ihm bekam sie zwei Kinder: die frischvermählte Gabriele und Joachim.

Nach sieben Jahren wurde auch diese Ehe geschieden, Renate Homey heiratete den angesehenen Arzt Bodo Thyssen (nicht verwandt mit der Industriellen-Familie). Als diese Beziehung scheiterte, übernahm der Münchner Promi-Anwalt Detlef Wunderlich den Scheidungsfall - und wurde Renates nächster Gatte. 1985: Scheidung. Aus Renate Wunderlich wurde erneut Renate Thyssen. 1987 gab sie dem millionenschweren Münchener Unternehmer Ernst-Theodor Henne das Jawort. Renate Thyssen-Henne nach ihrer fünften Vermählung: "Ich habe immer aus Liebe geheiratet."

15 Millionen Menschen verehren ihn als Gott!

Sein Großvater ließ sich noch in Gold und Diamanten aufwiegen: So legte er die Höhe der jährlichen Abgaben fest. Ein verbrieftes Privileg, auf das Karim Aga Khan (61), der Enkel, verzichtet. Doch genau wie sein Großvater sieht auch er sich als direkter Nachfahre des Propheten Mohammed, wird von 15 Millionen Gläubigen als Gott verehrt.

Am 14. Juli 1957 wurde der gebürtige Schweizer, der die britische Staatsbürgerschaft besitzt, von Sir Sultan Mohamed Schah (bekannt als Aga Khan III.) zum Oberhaupt der islamischen Ismaeli-Sekte ernannt, die sich im Jahr 765 gründete. Nach dem Tod des 6. Imam hatten sich die Ismaeliten abgespaltet, bilden seitdem eine eigenständige Glaubensgruppe. Im Lauf der Geschichte mußten die Ismaeliten immer wieder ihre Heimat verlassen: Sie zogen von Nordafrika über den Libanon, Syrien, Mesopotamien und Persien bis nach Indien.

Aga Khans Reichtum wird auf sieben Milliarden Mark geschätzt. Die Gläubigen müssen jährlich zehn Prozent ihres Gesamteinkommens an ihn abtreten. Das Geld investiert Aga Khan in Sozialprojekte wie Entwicklungshilfe, Schulbau oder Industrieansiedlungen in den Ländern seiner Anhänger. Zu seinem Besitz gehört auch ein Rennstall mit 500 Pferden (Wert: 500 Mio DM). Doch der Khan mußte auch Rückschläge verkraften: Der Kauf der italienischen Hotelkette Ciga brachte 1,3 Milliarden Mark Verlust. 1993 pfändeten die Banken deswegen Güter im Wert von 180 Millionen Mark, 1994 übernahm die Sheraton-Gruppe seine Hotels für 900 Millionen Mark.


Fotos: AP, S. Brauer, Pandis Media, People Image, Reuters, Sipa Pess, Studio X, UPI, Gary Otte


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