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Sued Deutsche
6 September 2004
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Fischer und Aga Khan

"Strategischer Konsens" von USA und Europa

Außenminister Joschka Fischer und der Aga Khan haben bei einer Botschafterkonferenz in Berlin zu einem intensiven Dialog zwischen dem Westen und der islamischen Welt aufgerufen - um die Probleme im Nahen und Mittleren Osten lösen zu können, müssten allerdings erst einmal Europa und die USA wieder zu einer gemeinsamen Linie finden.

Mit einer Schweigeminute für die Opfer des Geiseldramas von Beslan hat Außenminister Joschka Fischer am Montag in Berlin die diesjährige Botschafterkonferenz eröffnet. Die von dem Grünen-Politiker eingeführten alljährlichen Konferenzen bringen weltweit alle deutschen Botschafter zusammen mit dem Ziel, den Auswärtigen Dienst zu verbessern.

Ehrengast war das spirituelle und weltliche Oberhaupt der muslimischen Glaubensgemeinschaft der Ismailiten, Aga Khan.

Fischer nannte den Terrorüberfall auf die Schule im südrussischen Beslan ein barbarisches Verbrechen, das tiefstes Entsetzen ausgelöst habe. Die „besondere Perfidie“ des Anschlags werde dadurch deutlich, dass dazu ein erster Schultag ausgesucht worden sei.

Fischer unterstützt EU-Beitritt der Türkei

In seiner Rede zur Zukunft des Nahen und Mittleren Ostens setzte sich Fischer nachdrücklich für Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ein, wenn der anstehende EU-Entwicklungsbericht positiv ausfalle. Er unterstrich die „strategische Dimension“ des Erweiterungsvorhabens, das als langer Prozess zu verstehen sei.

Sonderbeziehungen, wie die Union sie für das Verhältnis zwischen EU und Türkei fordert, würden in der Türkei als Ablehnung empfunden. Dies könne angesichts der Sicherheitslage nach dem 11. September einen hohen Preis nach sich ziehen.

Grund zur Sorge sah Fischer im Atomprogramm Irans. Er richtete einen eindringlichen Appell an die Regierung in Teheran, entsprechend ihrer Zusagen auf die militärische Nutzung der Kernenergie zu verzichten und keiner Fehleinschätzung auf Grund vermeintlicher Schwächen der USA aufzusitzen. Die Alternative wäre ein Rüstungswettlauf im Nahen und Mittleren Osten, der Europa nicht unberührt lassen würde.

USA und Europa müssten wieder einen „strategischen Konsens“ herstellen. Im Nahen und Mittleren Osten seien die Krisen nicht gelöst worden, sie hätten sich eher zugespitzt. Umso wichtiger sei es, im Irak Stabilität zu erreichen. Deutschland sei bereit, seinen Beitrag zu leisten. Die Entsendung von Truppen in den Irak schloss Fischer erneut aus.

Grundsätzlich sprach sich Fischer für die Reform der Vereinten Nationen aus. Im Fall einer Erweiterung des Sicherheitsrats werde „Deutschland dabei“ sein. Ohne Forderungen Italiens nach einer stärkeren Beteiligung zu erwähnen, fügte Fischer hinzu: „Wenn andere sich bewerben, sollen sie das tun. Unsere Bewerbung richtet sich gegen niemanden.“

Scheitern der Demokratie als Bedrohung

Aga Khan, der auch einem überkonfessionellen Zusammenschluss von Entwicklungsorganisationen vorsteht, wies westliche Vorstellungen zurück, Islam und Demokratie stünden im Widerspruch zueinander. Er empfahl dem Westen eindringlich, den Islam in seiner Vielschichtigkeit besser zu verstehen als bisher.

Zu den größten Bedrohungen gehört nach seinen Worten neben Massenvernichtungswaffen, Aids und Klimawandel das Scheitern der Demokratie in fast 40 Prozent der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen. Dieses Scheitern sei in einem Großteil der islamischen Länder, in Lateinamerika, Osteuropa und Afrika zu beobachten.

Als wirksames Mittel empfahl er den Aufbau von Pluralismus und die Stärkung der Zivilgesellschaft, die bei einen Scheitern von Demokratie das Vakuum füllen könnten.

(AP)